Teil 4: Das Alter

Ein wichtiges Merkmal eines Whiskys ist das Alter.

  1. Allgemein
  2. NAS Whiskys
  3. Die Altersangabe – ein Qualitätsversprechen?
Whisky Tasting in 2019
Whisky Tasting in 2019
 

1. Allgemein

Das angegebene Alter eines Whiskys gibt die Dauer an, wie lange der Whisky im Fass gereift wurde. Wie viele Jahre ein Whisky minimal gereift sein muss, regelt das jeweilige Herstellungsland. In der europäischen Union (die selben Verordnungen gelten auch für Schottland und Irland!) ist geregelt, dass ein Whisky mindestens drei Jahre und einen Tag lang in Eichenfässern gelagert und der Alkoholgehalt mindestens 40 Volumenprozente aufweisen muss.

Laut Gesetz muss auf jedem Whisky das jüngste Fass angegeben werden. Beispiel: Wir nehmen mal an, dass wir nun das Jahr 2017 schreiben.
Besteht ein Whisky aus den Jahrgängen 1999, 2002 und 2014, so muss der Whisky als 3 Jähriger verkauft werden, da der jüngste Whisky aus dem Fass von 2014 stammt.

In der Regel wird der Whisky mit zunehmenden Alter auch teurer. Während der Reifezeit gewinnt das Destillat an Aromen (additive Reifung) und gibt Aromen ab (subtraktive Reifung). Denn schließlich möchte niemand einen Whisky mit „Fehlaromen“ zu sich nehmen. Dazu gehören z. B. metallische Noten, alkoholische Schärfe und schwefelartiger Geruch.

Komplexe, weiche und milde Single Malts benötigen in der Regel eine lange Reifezeit. Aber auch jüngere Whiskys können interessant, hochwertig und absolut köstlich sein. So findet man unter diesen gerne auch mal stürmische, wilde und kräftige Whiskys. Und auch stark rauchige, denn der Rauchanteil lässt mit der Reifezeit immer mehr nach.

 

2. NAS Whiskys

Zu den beliebtesten Whiskys gehört der Single Malt. Die gängigsten Whiskys dieser Sorte sind 12 Jahre gereift. Viele Brennereien bieten im Kernsortiment einen 12 Jährigen an. So hat der Whisky lange Zeit, Aromen aus dem Fass aufzunehmen. Es gibt jedoch viele Whiskys am Markt, die keine Altersangabe tragen (Tendenz steigend). Hier spricht man von „NAS“ Whiskys (No Age Statement).

Was sind die Gründe, um auf die Altersangabe zu verzichten?

Der Hauptgrund auf den Verzicht der Altersangabe dürfte sein, dass der Whisky ziemlich jung ist. Whiskys, die keine 10 Jahre gereift sind, werden aus verkaufstechnischen Gründen ungerne auf den Markt gebracht, da oftmals die Meinung herrscht, dass nur alte Whiskys gut sind und das Alter für die Qualität entscheidend ist. Manche Brennereien geben dem Whisky stattdessen einen Namen, wie z. B. Talisker mit den Abfüllungen „Storm“ und „Skye„, oder Auchentoshan mit „Three Wood“, „Heartwood“ oder „Springwood„. Die Palette an NAS Whiskys ist riesengroß.

Ein weiterer Grund könnte aber auch sein, dass beim Verschnitt neben älteren Fässern auch junge Fässer dabei waren. Ganz nach der Nase des Master Blenders. Dieser kombiniert verschiedene Fässer, um einen einzigartigen Geschmack zu entwickeln. Er ist nicht an die Altersangaben gebunden und kann seiner Kreativität freien Lauf lassen. Manche Fässer geben deutlich intensivere Aromen her als andere. So könnte eine zu lange Lagerung in diesen Fässern zu viel des Guten sein. Dass manche Hersteller junge Fässer nutzen, um den Whisky „aufzufüllen“, dürfte auch nicht ausgeschlossen sein. Ebenso öffnet sich damit die Möglichkeit, Whiskys überteuert zu verkaufen. Durch das (große) fehlende Stück Transparenz können auch negative Qualitätsschwankungen verschleiert werden. Beispiel: Nach 12 Jahren Reifezeit merkt man erst, dass hierfür falsche Fässer verwendet worden sind. Statt den Whisky „authentisch“ auf dem Markt zu bringen, wird auf die Altersangabe verzichtet und dem Whisky ein Name verpasst, passend mit einer Story zum Hintergrund dieser Abfüllung.

Deshalb weiß man nie, was hinter einem NAS Whisky steckt.

Wir haben in einer Brennerei in Schottland vor Ort erfahren, dass niemand damit gerechnet hatte, dass der Whiskymarkt so boomt. Das dürfte der Ursprung der NAS Whiskys sein. Die Hersteller waren größtenteils darauf nicht vorbereitet. So wurden ältere Whiskys immer seltener und damit leider auch teurer. Um der Nachfrage nachzukommen, brachten verschiedene Hersteller Whiskys heraus, ohne das Alter zu nennen, um diese früher anbieten zu können. Dabei lassen sie sich meistens etwas einfallen, um den Whisky interessanter zu machen, beispielsweise mit einem besonderen Finish.

Whiskys mit und ohne Altersangabe
Whiskys mit und ohne Altersangabe
 

3. Die Altersangabe – ein Qualitätsversprechen?

Wir wissen nun, dass auch Whiskys ohne Altersangabe qualitativ hochwertig sein können, aber nicht müssen. Sind Whiskys mit Altersangabe somit generell besser?

Kurze Antwort: Nein!

Natürlich präferieren wir die Altersangabe auf Whiskyetiketten, wie auch die meisten Whiskyfans. Ein Gelegenheitskäufer wird sogar wohl ganz besonders das Alter als Qualitätsmerkmal kennzeichnen. Denn ein 15 jähriger Glen-Schlagmichtot ist viel besser als ein Bunnahabhain Stiùireadair!

Auf unserer persönlichen Whiskyreise haben wir so viele Whiskys probiert und kennengelernt, dass wir unser persönliches Urteil bilden können. Es kommt wirklich auf den Whisky an. Hier muss das Gesamtpaket stimmen, Preis und Geschmack müssen auf einer Linie sein. Wir hatten bereits 12 Jährige im Glas, die uns überhaupt nicht überzeugen konnten, dafür aber NAS Whiskys, die uns aus den Socken gehauen haben. Beispiele wären z. B. der Ardbeg Uigeadail oder der Talisker Port Ruighe. Genauso war es auch mal umgekehrt. Wir waren z. B. vom The Ardmore 12 Jahre Port Wood Finish sehr überzeugt, vom Speyburn Bradan Orach wiederum überhaupt nicht. Damit ist für uns das Alter nicht einzig und allein entscheidend. Viel entscheidender ist das Fass Management.

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